6 Gründe gegen Software zur Literaturverwaltung

Manuelles Zitieren und andere Alternativen

Bild: Canva.com

Auf Twitter verfolgen wir gerne Diskussionen unter Hochschulangehörigen zur Nutzung von Software zur Literaturverwaltung (beispielsweise hier). Wir lernen dadurch Sie, unsere (potentiellen) Nutzerinnen und Nutzer noch besser kennen, erfahren von neuen Trends und Funktionswünschen sowie Erwartungen an Software, die das wissenschaftliche Arbeiten erleichtern soll.
Es wird dort häufig darüber diskutiert, wer welches Programm warum verwendet oder wo deren Vor- und Nachteile liegen. Darunter finden sich meist auch einzelne Personen, die überhaupt keine Software zur Literaturverwaltung einsetzen. Manche davon haben bisher noch nie von Literaturverwaltungsprogrammen gehört und freuen sich über Tipps, andere setzen Software jedoch bewusst nicht ein. Die leidenschaftlichen Verfechter der Programme können das dann kaum glauben und versuchen, diejenigen, die das manuelle Zitieren bevorzugen, auf den ihrer Meinung nach rechten Weg zu führen. Das gelingt aber nicht immer.

Auch als Mitarbeiterin einer Firma, die Software zur Literaturverwaltung anbietet, kann ich persönlich die Argumente gegen den Einsatz einer Software zur Literaturverwaltung in manchen Fällen nachvollziehen.
Sechs Gründe, wann das manuelle Zitieren oder andere Alternativen eine gute Lösung sind, möchten wir Ihnen in diesem Blog-Beitrag vorstellen:

  1. Ihr Literaturverzeichnis ist nur eine Seite lang
    Zu Beginn Ihres Studiums werden Sie Ihre erste Haus- oder Seminararbeit schreiben. Spätestens dann machen Sie sich Gedanken darüber, wie wissenschaftliches Arbeiten und Zitieren genau funktionieren. Sie belegen Kurse zum wissenschaftlichen Arbeiten, lesen Handbücher zu den besonderen Anforderungen Ihres Fachbereichs durch und holen sich Rat bei Kommilitoninnen und Ihren Dozenten. Ich erinnere mich daran, dass ich erst suchen musste, wo in Microsoft Word die Fußnoten-Funktion versteckt war und ich mich gefragt habe, was ich da alles reinschreiben muss. Bei meinem ersten wörtlichen Zitat war ich sehr vorsichtig, die Nachweise und den Eintrag im Literaturverzeichnis akribisch nach den Zitiervorgaben meiner Hochschule umzusetzen. Als ich das wörtliche Zitat getippt hatte, erstellte ich gleich am Ende meiner Word-Datei den Eintrag für das Literaturverzeichnis, um ihn auch bestimmt nicht zu vergessen. Über die Word-Funktion „Sortieren“ brachte ich am Ende alle Einträge in alphabetische Reihenfolge.
    Mein System funktionierte gut, da mein Literaturverzeichnis bei meiner kurzen Hausarbeit nur eine DIN A4-Seite lang war. Im Gegensatz zu meiner Abschlussarbeit später, hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht das Gefühl, dass ich die Quellen nicht mehr überblicken könnte oder das Formatieren anstrengend wäre. Ganz nebenbei habe ich mich intensiv damit auseinandergesetzt, welche Informationen einer Quelle nach den Vorgaben meiner Hochschule in ein Literaturverzeichnis und die Fußnoten gehören.

  2. Sie haben keinen Zeitdruck bei Ihrer Arbeit
    Software zur Literaturverwaltung kann viel Zeit sparen, da sie das Tippen und Formatieren der Quellenangaben abnimmt. Falls sich die Zitiervorgaben im Lauf der Arbeit ändern, oder Sie Ihre Arbeit bei einem anderen Journal mit abweichenden Zitierregeln einreichen müssen, reichen wenige Klicks, um die formalen Anforderungen zu erfüllen. Über der Abgabe einer wissenschaftlichen Arbeit im Studium und in der Forschung schweben meist drohende Deadlines. Besonders zum Ende der Arbeit kommt es auf jede Sekunde an. Da ist eine Software einfach schneller als Sie.
    Haben Sie hingegen keinen Zeitdruck, schreiben Ihre wissenschaftliche Arbeit aus purem Interesse und Leidenschaft, dann müssen Sie nicht befürchten, am Ende der Arbeit doch jede wertvolle Minute nutzen zu wollen. Sie können in Ruhe alle Formatierungen und Zeichensetzungen im Nachweis im Text prüfen, oder die Nachweisposition ändern, weil Nachweise in Fußnoten zu Nachweisen im Text geändert werden müssen.

  3. Sie haben gerne die Kontrolle
    Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Sie vertrauen Ihre wissenschaftliche Arbeit keiner Software an, sondern möchten selbst die volle Kontrolle über Ihre Nachweise haben. Mit der Kontrolle kommt aber auch die Verantwortung. Aktualisieren sich Ihre Zitierrichtlinien im Laufe Ihrer Arbeit, z.B. von APA 6 auf APA 7, müssen Sie, während Sie Ihre Arbeit schreiben, sich auch die neuen Zitierregeln aneignen und umsetzen.
    Wussten Sie, dass Sie auch bei der Verwendung einer Software zur Literaturverwaltung nie die volle Kontrolle abgeben? Das Programm gibt nur die Daten aus, die Sie eingegeben haben. Ist eine Ausgabe nicht wie von Ihnen erwartet, können Sie Ihre Eingabe korrigieren. Und wer weiß: unter Umständen hat Ihnen das Programm eine neue Regel Ihrer Zitierrichtlinien beigebracht, an die Sie nicht gedacht hätten.
    Am Ende Ihrer Arbeit können Sie immer die Verbindung zum Programm aufheben und den reinen Text kontrollieren und bearbeiten. Es ist sogar wichtig, dass Sie immer die Schlusskontrolle übernehmen. Die Verantwortung für Ihre Arbeit kann Ihnen keine Software abnehmen.

  4. Sie arbeiten lieber mit Papier
    Sie lesen nicht nur Aufsätze lieber ausgedruckt, Sie machen sich auch Ihre Notizen lieber handschriftlich auf Papier. Zu diesen Notizen gehören auch die Titelangaben der Quellen und Rohentwürfe Ihrer Aussagen und Argumente. Erst wenn die Abgabe Ihrer Arbeit näher rückt, setzen Sie sich an den PC und öffnen ein Textverarbeitungsprogramm, um alles in Reinform zu tippen.
    Unter Umständen fällt Ihnen der Umgang mit einem PC auch nicht so leicht wie anderen, sodass es Sie Ihrer Einschätzung nach viel mehr Zeit kosten würde, sich in eine Software einzuarbeiten, als einfach „(Müller 2020)“ zu tippen.

  5. Sie brauchen monotone Arbeit als Ausgleich
    Ihre wissenschaftliche Arbeit ist anstrengend genug. Sie überlegen sich ständig komplexe Theorien, diskutieren mit Ihren Kollegen und lesen neueste Ergebnisse Ihres Fachbereichs. Ihr Gehirn hat kaum Zeit, all diese Informationen zu verarbeiten und zu verknüpfen. Außer, wenn Sie stupiden Arbeiten nachgehen, wie zu kontrollieren, ob wirklich jeder Titel einer Monographie in der Fußnote kursiv formatiert wurde. Dabei denken Sie nicht nach, sondern machen einfach. Zwischen Fußnote 245 und 246 haben Sie plötzlich einen Geistesblitz und wissen, dass sich die monotone Arbeit für Ihr divergentes Denken gelohnt hat.

  6. Sie haben selbst eine bessere Lösung programmiert
    Ich erinnere mich an einen Besuch bei einem Forscher, den ich von einer Software zur Literaturverwaltung überzeugen wollte. Er winkte nur ab und erklärte mir, dass er so etwas nicht brauche. Ich rechnete mit einem der vorherigen fünf Gründe als Argument dagegen. Er überraschte mich jedoch, indem er mir eine eigene Lösung zeigte.
    Er hatte eine Anwendung programmiert, die genau das machte, was er beim Zitieren benötigte. Die meisten Programme zur Literaturverwaltung bieten eine Vielzahl an Funktionen, denn sie sind für alle Wissenschaftler und auch alle Forschungsbereiche programmiert. Es gibt darum meist sehr viele Funktionen. Das kann überfordern und erschlagend wirken, da man sich nicht erst mühsam diejenigen Funktionen herauspicken möchte, die man selbst wirklich benötigt.
    Neben der selbst programmierten Lösung setzen einige auch andere Programme wie individuell angepasste Datenblätter in Tabellenkalkulationsprogrammen ein, um Quellen und Notizen zu verwalten.

Jedes Werkzeug, das Sie einsetzen, muss zu Ihnen persönlich passen. Eine Software wurde von Menschen entwickelt, die ein bestimmtes Einsatzszenario vor Augen hatten. Wenn Sie überlegen, ein Programm zur Literaturverwaltung zu verwenden, probieren Sie aus, welches am besten zu Ihrem persönlichen Ziel und Workflow passt. In diesem Blog-Beitrag haben wir Tipps für Sie, worauf Sie bei der Wahl achten sollten.
Unter Umständen kommen Sie auch zur Entscheidung, dass Sie lieber doch kein Programm einsetzen möchten. Das ist auch völlig in Ordnung. Das Ziel von uns Softwareanbietern ist es, Ihnen bei der Arbeit zu helfen und ein Werkzeug an die Hand zu geben.
Welches und ob Sie es nutzen möchten, ist Ihre Entscheidung.

 

Haben Sie oder Ihre Kollegen einen anderen Grund, warum Sie auf Software zur Literaturverwaltung verzichten? Können Sie einen unserer Gründe nicht nachvollziehen? Diskutieren Sie mit uns und anderen Leserinnen und Lesern des Blogs auf Facebook bzw. per Mail an blog@citavi.com

Erstellt von: Jana Behrendt – Veröffentlicht am: 23.02.2021
Tags: Gut zu wissen Zitieren


Über Jana Behrendt

Jana Behrendt interessiert sich für alles rund um die persönliche Wissensorganisation – wie man es von einer studierten Bibliothekarin erwarten würde. Dafür liest sie in Ihrer Freizeit ziemlich wenig. Sie liebt es aber, in den Schweizer Bergen zu wandern – solange sie nicht nach unten schauen muss.

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