Open Science

Wissenschaft für alle!

Bildnachweis: Julius Drost on Unsplash

Was ist Open Science?

Sie haben sich bei einer Show eines Magiers, die Sie im Fernsehen gesehen haben, bestimmt auch schon einmal die Frage gestellt: „Wie hat er das nur gemacht?“. Ein Magier wird Ihnen seine Tricks jedoch nie verraten.

Auch wenn Sie die wissenschaftlichen Arbeiten Ihrer Kollegen oder der Koryphäen Ihres Fachs lesen, fragen Sie sich manchmal, was genau er oder sie gemacht hat, um zu diesem Resultat zu gelangen. Wissenschaftler nutzen bei ihrer Arbeit keine Magie – sie dürfen und sollten ihre „Tricks“ verraten.

Hinter dem Konzept „Open Science“ steckt das Ziel, den gesamten Prozess der wissenschaftlichen Arbeit zu öffnen und damit für alle Menschen zugänglich zu machen. Der Elfenbeinturm der Wissenschaftler sollte soweit verlassen werden, dass alle Schritte von der Ideenfindung, dem Forschungsdesign über die Datenerhebung bis hin zur Veröffentlichung transparent und nachvollziehbar sind. Dadurch wird nicht nur die allgemeine Glaubwürdigkeit der wissenschaftlichen Ergebnisse erhöht, sondern auch die Qualität der Forschung verbessert. Indem die Ergebnisse nachprüfbar sind, wächst das Vertrauen in die Wissenschaft. Zusätzlich ist der direkte gesellschaftliche Nutzen – der bei der Forschung generell im Zentrum stehen sollte – groß. Wenn beispielsweise Verkehrsdaten in Echtzeit vorliegen, können Menschenleben gerettet werden. Grenzen der Offenheit sind bei personenbezogenen Daten erreicht, die nur anonymisiert veröffentlicht werden dürfen.

Die Öffnung der Wissenschaften ist heutzutage einfacher umzusetzen denn je. Durch die zunehmende Digitalisierung verändert sich nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Wissenschaft erfährt einen kulturellen Wandel in ihrer Arbeitsweise und Kommunikation.

Formen der Open Science

Wie dieser Wandel genau aussehen kann, zeigen die verschiedenen Formen der Open Science:

Open Access

Das Konzept Open Access ist das bekannteste hinter dem großen Ziel der Open Science und scheint sich mittlerweile auch schon gut in der Praxis zu etablieren. Open Access meint den kostenlosen und uneingeschränkten Zugang zu wissenschaftlichen Informationen, meist publizierten Forschungsergebnissen in Form von Aufsätzen. Weitere Details und Hintergründe zu Open Access erläutern wir Ihnen in diesem Blog-Beitrag.

Open Data

Hinter dem Begriff Open Data steckt die Veröffentlichung von Forschungsdaten, die rund um ein wissenschaftliches Projekt entstanden sind. Die Daten können unterschiedlicher Form sein, z.B. Befragungsdaten, Bilder, Laborwerte, Software oder Videoaufnahmen. Bei vielen Open Access Artikeln findet man bereits „Supplementary Information“ wie Tabellen mit Daten.

Der Vorteil, diese Daten zugänglich zu machen, liegt auf der Hand: Andere Wissenschaftler können die Daten für ihre eigenen Arbeiten nachnutzen und die doppelte Erhebung der Daten entfällt. Die eigenen Ergebnisse könnten zudem durch die Daten anderer validiert werden. Das spart Zeit und Geld. Zusätzlich zum Peer Review eröffnet sich auf diese Weise eine neue Möglichkeit zur Qualitätssicherung. Wenn die Daten vorliegen, können die Ergebnisse des Kollegen überprüft, im besten Fall reproduziert und bestätigt werden.

Trotz dieser Vorteile sieht die Praxis meist anders aus. Daten werden lokal auf Festplatten der Forschungsinstitution oder auf eigenen USB-Sticks gespeichert. Einige Institutionen und Organisationen möchten dem entgegenwirken, indem hauseigene Forschungsdaten-Server bereitgestellt werden. Der Zugang für die Öffentlichkeit ist so möglich, man muss aber genau wissen, wonach man wo suchen muss.

Um diese Daten nicht nur lokal, sondern international auffindbar und damit praktisch nutzbar zu machen, sollte es einen gemeinsamen Zugangspunkt für die Recherche nach Forschungsdaten geben. Für Forschungsdaten innerhalb Europas ist dies das Ziel der European Open Science Cloud.

Open Educational Resources

Mit Hilfe von Open Educational Resources (OER) soll ein breiter gesellschaftlicher Zugang zu Bildung ermöglicht werden. Bildungsmaterialien werden dabei kostenlos unter einer offenen Lizenz zur Verfügung gestellt und können von jedem genutzt und weiterverwendet werden. Das bedeutet, nicht nur von Schülern und Studierenden, sondern auch von Lehrenden. Die Art der Materialien ist vielfältig, von Bildern über Videos bis hin zu Musik. Das Portal OERinForm zeigt verschiedene Zugangswege zur Recherche nach Open Educational Resources auf.

Open Methodology

Das Konzept der Open Methodology hat die Methodik der wissenschaftlichen Arbeitsweise im Fokus. Nur wenn die Schritte zum Ergebnis, zum Beispiel eines Experiments, genau dokumentiert sind, können diese reproduziert und nachgeprüft werden. Initiativen im naturwissenschaftlichen Bereich sind Research Resource Identifiers (RRID) zur eindeutigen Kennzeichnung von beispielsweise Antikörpern und im geisteswissenschaftlichen Bereich IANUS.

Open Peer Review

Das Ziel des Open Peer Reviews ist es, den klassischen Peer-Review-Prozess zu reformieren, indem die Reviewer nicht mehr anonym und die Qualitätssicherung wissenschaftlicher Artikel nicht mehr „blind“ verläuft. Möglichkeiten für unfaire Bewertungen oder bewusste Verzögerungen der Veröffentlichung eines Konkurrenten werden so genommen. Beim Open Peer Review wird die Diskussion und konstruktive Kritik zwischen Autoren und Reviewern öffentlich ermöglicht. Eine Plattform des offenen Peer-Reviews ist PubPeer.

Open Source

Open Source Software ist quelloffene Software, deren Code weiterverwendet werden darf. Der Code wird in Portalen wie GitHub oder SourceForge bereitgestellt. Diese Software kann für die eigenen Bedürfnisse angepasst und verbessert werden. Bekannte Vertreter von Open Source Software sind der Browser Firefox, das Softwarepaket LaTeX zur Textproduktion oder das Literaturverwaltungsprogramm Zotero.

Herausforderungen der Open Science

Vielleicht lesen Sie diesen Blog-Beitrag mit der gleichen verwunderten Begeisterung, die Sie bei einer Zaubershow empfinden und fragen sich, warum diese tollen Ideen nicht längst gängige, wissenschaftliche Praxis sind.

Die Ziele der offenen Wissenschaften stehen vor einigen Herausforderungen, die es zunächst zu überwinden gilt:

  1. Verlage müssten neue Publikationsmodelle entwickeln und forcieren, sodass Zeitschriftenartikel primär Open Access veröffentlicht werden.
  2. Forschungseinrichtungen, Institutionen und Universitäten müssten eine entsprechende Infrastruktur und Arbeitsumgebung schaffen, dass Forschungsdaten und Methoden einfach geteilt werden können.
  3. Die Bewertungskriterien der wissenschaftlichen Leistungen müssten angepasst werden. Es dürfte nicht mehr wie bisher meist nur die Anzahl der Zitationen und Publikationen als Maß herangezogen werden. Neue Kriterien müssten etabliert werden, wie beispielsweise die Häufigkeit der Zitation eines Forschungsdatensatzes oder die Aktivitäten eines Forschers in den sozialen Medien über die eigene Arbeit (sogenannte Altmetrics).
  4. Die nötigen Rahmenbedingungen zur Umsetzung der genannten Punkte müssten von der Wissenschaftspolitik geschaffen werden.
  5. Die Wissenschaftler selbst müssten sich von der Angst befreien, dass andere die eigenen Daten schneller für eigene Ergebnisse nutzen oder dass eigene Fehler gefunden werden könnten. Die Bereitschaft, die eigenen Ergebnisse zu teilen hängt auch von der Persönlichkeit der Forscher ab. Für manche ist es vor der Veröffentlichung wichtig zu wissen, wofür die Daten verwendet werden und von wem. Für andere sind hingegen formale Anerkennung wie die Zitation durch Kollegen und karriereförderliche Anreize wichtiger.

Wir hoffen, dass der Zauber der Open Science auch etwas auf Sie und Ihren Wissenschaftsbereich wirken wird.

Machen Sie den ersten Schritt in Ihrem Team im Rahmen der Open Access Week (21.-27.10.2019) und öffnen Sie Ihre Forschung für eine größere Zahl von Menschen!

 

Zur Vertiefung:

Ausstellung „Open Up! Wie die Digitalisierung die Wissenschaft verändert“ bis 17. Dezember 2019 in Hamburg: https://100jahre.zbw.eu/openup/

 

 

Erstellt von: Jana Behrendt – Veröffentlicht am: 22.10.2019
Tags: Gut zu wissen


Über Jana Behrendt

Jana Behrendt interessiert sich für alles rund um die persönliche Wissensorganisation – wie man es von einer studierten Bibliothekarin erwarten würde. Dafür liest sie in Ihrer Freizeit ziemlich wenig. Sie liebt es aber, in den Schweizer Bergen zu wandern – solange sie nicht nach unten schauen muss.

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